Schlüter Zweiter
Theil
1801 –
1884
Einst glänzte Thau auf Gideonis
Felle,
Weil dürr und trocken rings die
Welt umher;
Dann war sein Vließ der
Perlentropfen leer
Und weit die Welt vom
Thaugeriesel helle.
Hoch von äther’scher Burg
springt eine Quelle,
Mit Reichthums Fülle senkt sie
sacht und schwer
Sich in die Herzen, stillend
ihr Begehr
Nach sel’gen Himmelswassern
froh und schnelle.
Reich sprudelt sie und tränket
alle Lande,
Und rückwärts ihre Wasserströme
fließen
In’s ew’ge Leben, da sie kommen
her.
Für erd’ und Himmel ward zum
heil’gen Bande
Sie ausersehn, wird ewig sich
ergießen;
Und wenn sie tränkt, den
dürstet nimmermehr.
Im Busen glänzt’s, umhüllt von
mag’schem Duft;
Dort tönen leis geheimnißvolle
Lieder;
Vier Elemente schalten dort als
Brüder,
Und Alles sich zum Wechselbündniß
ruft.
Aus heil’gem Feuer athmet
Himmelsluft,
Und Himmelsluft belebt die
Flamme wieder,
Und heil’ge Quellen steigen
aufund nieder,
Entsprungen tief der harten
Felsenkluft.
Und, o des Wunders! will die
Flamme sinken,
Beleben neu sie jene kühlen
Quellen,
Die nimmer ohne sie
emporgedrungen:
Denn aus den Flammen jene
Quellen trinken,
Die tief das Herz erquicken und
erhellen,
Dann strömen aus in
tausendstimm’gen Zungen.
In heil’ger Sternschrft las ich
geschrieben
Sein ew’ges Lob, wo der Allmächt’ge
thront;
In dem Gewissen Ihn, der straft
und lohnt
Nach ewig richt’ger Wage, hier
wie drüben.
Und seine Weisheit las ich in
dem trüben
Gewirr der Zeitlichkeit hier
unterm Mond;
Und schien mir’s, daß er Alle
gern verschont,
Sah ich in Zügen der Natur sein
Lieben.
Doch mächt’ger schien aus
frommen Mutteraugen
Sein Liebesgeist zu sprechen,
aus den Blicken
Der Lieb’ und Freundschaft mir
sein Glanz zu tagen.
Und dennoch mußt’ ich zweifeln
oft und fragen:
Liebt er die Welt und mag der
Mensch ihm taugen?
„Erbarmer“ nennt die
Schriftihm; o Entzücken!
Und willst entzückt die heil’ge
Kunde lesen,
Und recht verstehn und fassen,
was sie bringt,
Mit Herz und Geist, der in die
Tiefen dringt,
Und durch das Wort bis in das
Mark genesen;
Willst recht erfassen jenes
heil’ge Wesen,
Das uns erlöst, gerettet und
verjüngt,
Mit Engelsfittigen uns neu
beschwingt,
Und das, bevor noch Abraham
gewesen:
So sammle dich in Ruh’ und
stillem Frieden,
Fleh’ auf zum Geist, fleh’, daß
sein Licht in dir,
So wie um dich, dir tagt und
dich geleitet,
Wo unterm Lebensbaum dir ward
beschieden
Ein Plätzchen fern dem öden
Weltgewirr,
Am heilgen Quell vom Schatten
überbreitet.
Mit Perlen, Edelstein und
goldnen Spangen
Möcht’ billig ihr das Buch der bücher
zieren,
Das demuthvoll der heil’ge
Geist dictiren
Gewollt, zu stillen aller Welt
Verlangen.
Ja, welcher Schrein möcht’
würdig wohl umfangen
So köstlich Denkmal; doch mit
Perlenschnüren
Und dem Gestein, o laßt euch
nicht verführen,
Preist nimmer ihr, was Hohes
ihr empfangen.
Der Geist des Buchs nur ist des
Herzens Stempel,
Der Geist in uns macht erst die
Schrift lebendig,
Der Buchstab’ tödtet, wenn des
Geistes bar.
Doch euer Herz ist heil’gen
Geistes Tempel;
Fleht, daß der Geist es
herrlich schmück’ inwendig
Mit Tugenden! dies bringt als
Opfer dar!
O lies und lies mit lautem
Herzenspochen
Im Wort des Lebens von des
Schöpfers Bund
Mit dem Geschöpf: hier wird es
klar dir kund,
Wie oft wir ihn, wie Er ihn nie
gebrochen!
Und hat er bis in’s zehnte
Glied gerochen
Der Väter Missethat, tönt doch
sein Mund
In’s tausendste, dem Heil, was
krank und wund
Ihn sucht, seit uns sein
Sabbath angebrochen.
Er stürzt den Stolz in Staub,
doch hoch erhebt,
was klein und niedrig, er zur
heil’gen Höhe,
Stößt, was da unrein, aus in
Finsterniß;
Zieht an, was heilig, nicht am
Staube klebt,
Und heiß sich sehnt zu seiner
sel’gen Nähe,
Vereint es sich und schließt
des Abgrunds Riß.
Zwei goldnen Ringen gleich an
heil’ger Lade
Der Schrift stehn Zukunft und
Vergangenheit:
So unserm Hoffen und Erinnern
beut
Sich’s Buch der Schöpfung, der
enthüllten Gnade.
Und seit der Zeiten Schöpfrad
aus dem Rathe
der Weisheit schöpft, erfüllend
Raum und Zeit
Mit Formen tausendfach, durch
Zwist und Streit,
Bis müd’ es still steht, zeigt
das Wort die Pfade;
Doch in der goldnen Arche reich
verziert,
Inmitten jener Grenzen, birgt
sie hehr
Gesetzes Buch, dann Botschaft
sel’ger Liebe.
Und über heil’gen Cherubinen
wird,
Ein Zeichen, strahlend über
Land und Meer,
Das Kreuz erhöht, besiegend
Nacht und Trübe.
Lies stumm voll Ehrfurcht an
der Himmelsschwelle;
Chronik nicht eines Volks,
nicht selbst Geschichte
Der Menschheit, zeigt sich
offen dir im Lichte
Des Geists, vor dem das All in
ew’ger Helle.
Nein, was geschehn in Himmel,
Erd’ und Hölle,
Des Herren Huld und ewige
Gerichte,
Wesen und Eigenschaft schau im
Gesichte
Lichtspiegelnd glänzen, wie in
klarer Quelle.
Und was geschah, geschieht und
wird geschehen,
Schaust du in ew’ger Weisheit
Plan gegründet,
Gesandt aus ewig heil’gen
Lichtbezirken.
Doch größre Wunder als du dort
gesehen,
Und Alles, was vom Anbeginn
verkündet,
Vermag der Geist im Gläub’gen
noch zu wirken.
O alle Füll’ und Reichthum der
Natur,
O alle Pracht und Wunder der
Geschichte
Vor solchem schlicht erhabenen
Berichte
Verhalten sich wie Leib zur
Seele nur!
Zeigt Irdisch-Menschliches
gleich seine Spur,
Nur durch das Wort siehst du’s
im rechten Lichte.
Empfange hier Zahl, Maaß und
recht Gewichte,
Den Schlüssel, eh’ du trittst
auf Gottes Flur.
Ja ohne ihn ein tief Geheimniß
blieben
Wär’ ich mir stets; von Gott
und seinen Wesen,
Rath, Werk und Eigenschaft, was
dürft’ ich künden?
Trüb’ wär’ der Geist, in nichts
verschwemmt mein Lieben:
Erst seit durch’s Wort zum
Sehen ich genesen,
Mag ich allum zum Text die
Noten finden.
Der Adam schon geleuchtet, eh’
er fiel,
Der dem Gerechten, der am Ziel
der Zeiten
Der Letzte hofft auf ihn, das
Licht bereiten
Der Zuversicht treu bis an’s
Ende will;
Der selbst der Zeiten Anfang, Mitt’
und Ziel,
Der Gnaden Spender und
Gerechtigkeiten,
Der Zeiten Füll’ und
Gerechtigkeiten,
Der das Gesetz in alles Lebens
Spiel:
Er ist das Wort im Wort; aus
seiner Fülle
Schöpft es der Geist und Jeder,
der begeistert
Durch’s Wort, im Wort, vom
Worte Zeugniß gibt.
Sprich ewig es in heil’ger
Feierstille,
Bis, wie des Alls, auch dein es
sich bemeistert,
Dein Herz in Allem einzig ihn
nur liebt.
Der Geist, der ewig jung und
unermattet
Einst schwebte ob dem Chaos
streitdurchgohren,
Die junge Erde führt’ aus Todes
Thoren
An’s Licht, durch die Propheten
Kund’ erstattet;
Der gnadenvoll Marien
überschattet,
So daß ein Fürst, ein Heil’ger
ward geboren,
Der zwölf Apostel sich zum Mund
erkoren,
Der nur mit reiner Herzensglut
sich gattet:
O, er vollendet noch des Wortes
„Werde“
In Gnad’ und heil’ger Zier, das
ewig tönt
Durch Raum, wie Zeit, Natur wie
in Geschichte.
Noch ist des heil’gen Geistes
voll die Erde;
O sieh, wie in der Schrift sein
Werk er krönt!
Steht er dir bei, nicht mangelt
dir’s an Lichte.
Du, die allein mir helles
Zeugniß gibt
Von Gott und seinem Werk, dich
will in Tagen
Des Glücks, der Freud’ ich
auseinanderschlagen,
Des Glücks zu denken, welches
ungetrübt.
Dort samml’ ich Schätze, die
kein Sturm zerstiebt,
Am dunklen Trauertag in Furcht
und Zagen,
Von Schmerz gefoltert, öd’ und
gramzerschlagen,
Gewiß, daß Er doch
überschwänglich liebt.
In Glück wie Unglück sei mir
Zufluchtsstätte,
Sei Friedensbucht und sichrer,
sel’ger Hafen,
Verzweiflung bannend fern, wie
Uebermuth.
Sei stets der müden Seele
Ruhebette,
Wo sie gequält und matt sanft
möge schlafen,
Tief im Gefühl sie sei in
Gottes Hut.
O hohes Glück in unsrer Jugend
Tagen,
Als noch ob unsrer Hütte
unverwandt
Gottes Geheimniß selig segnend
stand
Und Keiner mocht’ nach anderm Reichthum
fragen!
Wie kehrte sich der Muth in
banges Zagen,
Die Seligkeit in Elend, seit
verbannt
Durch unsre Schuld sein
heil’ger Tag verschwand,
Daß Alle nun der Knechtschaft
Ketten tragen!
Und doch, wer preist die
namenlose Huld,
Die Liebe, welche sonder Maß
und Grenzen
Zum höchsten Segen kehrt die
tiefste Schuld!
Wir sahn die Herrlichkeit im
Antlitz glänzen
Des Menschensohns, in
niegesehner Klarheit,
Des Eingeborenen voll Gnad’ und
Wahrheit.
Nur einen Blick in jenen Riß
gethan,
Wo das Geschöpf mit zartem
Unterschied
In seinem Urquell jugendlich
erblüht,
Magisch erglänzend in des
Ew’gen Plan,
Unsterblich und mit Glorie
angethan
Des Paradieses: o, dein Auge
sieht
Mit anderm Sinn in Raum und
Zeit; es flieht
Verworrenheit aus dem Gemüth
fortan!
Im Menschenspiegel magst du’s
nicht entdecken,
Was Gottes Rath, Natur, du
selbst im Wesen,
Verhältniß, Grund, woher, zu
welchen Zwecken.
Verstecken wird sich’s, Eins
das Andre decken,
Dich neckend täuschen: nur im
Worte lesen
Magst du’s, so ewig ist und nie
gewesen.
Am äußern Wort entzündet Licht
sich innen,
Und innres Licht gibt äußrem
Wort Verständniß.
Doch Seligkeit gibt lauteres
Bekenntniß,
Und durch Erlebung muß man
Licht gewinnen.
Allein wie bald muß innres
Licht zerrinnen,
Wenn äußerm Worte Taubheit und
Verblendniß
Sich kalt verschließt in
stolzer Geistserkenntniß!
Die Haltung flieht mit jenem
Halt von hinnen.
Nur eine Lust ist’s, welche
widerstehet
In mir der Lust, die wehrlos
mich erstickte,
Wär’, jene nicht, das
Gleichgewicht mir gebend.
Zerrissen und zerstiebend
längst verwehet
In weite Räume wär’ mein
Körper, drückte
Nicht äußre Lust, umgebend, wie
belebend.
Mag Menschenwort des Donners
Mund beschwicht’gen?
Lenkt Menschenhand den Blitz
aus seiner Bahn?
Umschließet unser Arm den Ocean?
Fängt unser Netz des Nordwinds
Hauch, den flücht’gen?
O schätzt zu hoch nicht
Menschenwitz, den nicht’gen,
Durch ihn der ew’gen Weisheit
Wort zu fahn.
Wer sich’s vermißt, ist Sklav’
und Unterthan
Thörichten Wahns, er mag sein
Thun bericht’gen.
Von Ewigkeiten sprach das ew’ge
Wort
Der Vater aus im Innern; dann
nach außen
Sprach er’s in Raum und Zeit,
das nie verhallt.
O suchet, ich beschwör’ euch,
sucht es dort,
Sucht es im Innern, sucht und
ehrt es draußen!
Zerschmettern muß es, wer ihm
thut Gewalt.
Dem Wort, durch das, im Anfang
ausgesprochen,
Des Ew’gen Will’ erschuf dies
Weltenall,
Deß Schrift erglänzt in
Sternen, im Krystall,
In Kraut und Moos, vom
Goldinsect durchkrochen;
Das durch den Umkreis tönt
ununterbrochen
Der wandelnden Jahrhundert’
überall,
Gleich Niles Katarakt im
Donnerfall:
Ihm habt trotzbietend keck ihr
widersprochen.
Was nützt eu’r Schrei’n und
Pochen, was die Worte,
Ohne das Wort und wider es
erhoben;
Was solch ohnmächtig Murmeln,
Schwätzen, Flüstern!
Schilfinseln seid ihr, fern dem
festen Orte,
Durch keine Kette unterstützt
von oben,
Am wüsten Ort und ewiglich im
Düstern.
All’ unser Wissen, Können und
Vermögen
Ward unser auf der
Ueberliefrung Spur.
Was kundig von Geschicht’ ist
und Natur,
Bot uns allein ihr Unterricht
entgegen.
Darob verkehrt in Fluch sich
unser Segen,
Weil wir verachten heil’gen
Bundes Schwur,
Weil einzig Gott und Göttliches
wir nur
Verdanken wollen unsern eignen
Wegen.
Und dennoch, ist’s erhaben
nicht, zu denken,
Wie ein Verstand, ein Wort die
Menschen einigt
Hoch über uns, das in der
Menschheit leuchtet?
Wie Väter Söhnen das
Vermächtniß schenken,
Des Ew’gen Gab’, von
menschenwitz gereinigt,
Und eine Fluth sie nähret und
befeuchtet?
Habt ihr nur immer euch in Herz
und Kopfe,
Wo stets nur euch ihr und das
Eur’ge meint,
Was Wunder, wenn die
Weltgeschicht’ erscheint
So dürftig arm dem dürftig
armen Tropfe!
Der Tod allein, das Ich, steckt
in dem Topfe.
Das Werk des Geistes, welcher
stets verneint,
Erscheint sie euch; ihn, der da
schaffend eint,
Erkennt ihr nicht und zerrt
euch selbst am Zopfe.
Verkennend Gottes ew’gen,
heil’gen Geist
Und seiner Weisheit Spur in der
Natur,
Sein ew’ges Wort im Gang’ der
Weltgeschichte,
Schaut stets euch selbst ihr in
dem Spiegel nur
Der Zeiten und des Raums, und
euch erweist
Sich Alles sonst gleich Fabel
und Gedichte.
Sprang je ein Strom aus seinen
Uferbetten,
Den Lauf abbrechend, so Natur
ihm wies,
Der seine vorgesetzte Bahn
verließ,
Zersprengend des Naturgesetzes
Ketten?
War’s möglich, sicher konnt
auch nichts ihn retten,
Versickern mußt’ er schnell in
Sand und Kies.
Die Freiheit, so bethörter Wahn
verhieß,
Führt mälig ihn zum Tod auf
öden Stätten.
Nicht kann er mehr den Ocean
erreichen;
Nur in der Schranke wär’ ihm
Freiheit worden,
Und Kraft und Muth, den Strömen
sich zu gleichen;
Doch Wahn und Willkür mußten
ihn ermorden.
Gesetzlos und zerstreut gibt er
ein Zeichen,
Warnend der Schwindler
zügellosen Orden.
O glaubt, Entstalten ist nicht
Umgestalten,
Und schwerer ist’s, zu bau’n
als zu zerstören;
Bescheidne Zucht und Pfleg’ ist
kein Verheeren,
Vertilgungskrieg nicht ruhiges
Entfalten.
Ehrt unsre Zeit nicht die
ehrwürd’gen Alten,
Wird wohl die Nachwelt besser
selbst uns ehren,
Die, scheidend stets und mindernd,
statt zu mehren
Gedeihn und Segen, wie Barbaren
schalten?
Ist’s Alter selbst ehrwürdig
nicht geblieben,
Welch Ansehn soll dann noch
ehrwürdig bleiben?
Mälig muß jede Würd’ und Macht
zerstieben.
Was wird man achten ferner noch
und lieben,
Und wessen Vollmacht wird man
unterschreiben?
Nur Zwang wird blindes Vieh
zusammentreiben.
Wohl nicht erfreulich ist es
anzuschauen,
Will Neid und Argwohn, wo da
recht und schlecht
Ein Redlicher die Schmach der
Trägheit rächt,
Verdächt’gen Alles, nirgendwo
vertrauen.
Zeigen am Stamm auf frischen
Frühlingsauen
Sich junge Sprossen, gleich die
Sichel regt
Der Unverstand; dort wuchs der
Baum nicht recht
Dem Andern gar, will ganz ihn
niederhauen.
So schalten thöricht rings die
Gärtnerknechte!
Doch deckt nicht Schlaf des
Herren Angesicht;
Weh anders auch dem elenden
Geschlechte!
Sieh! Regen, Licht und Thau aus
Wolken bricht,
Und schaffen heimlich still das
ewig Rechte,
Und Gottes heil’ge Stürme ruhen
nicht.
O sucht nicht immer nur auf
neuen Wegen,
Wo unbetreten, ungewiß der
Pfad.
Und wißt ihr denn, führt er zur
heil’gen Stadt,
Die auf des Berges Friedenshöh’
gelegen?
Tritt überall bewandert doch
entgegen
Euch rings der Steig mit Licht
und gutem Rath,
Den Weisheit fromm vor Alters
schon betrat,
Dran sich erzeigt des Himmels
reichster Segen.
Folgt heil’ger Feder, folgt
auch heil’gen Zungen,
Die, feu’rbeflügelt von des
Herren Geist,
Gen Ost und West und Nord und
Süd gedrungen.
Wer glaubt und hört und thut,
das Wort verheißt
Die Palme ihm, die sich am
Ziele weis’t,
Wo froh den Anfang hält das
End’ umschlungen.
Sie sagen treu dir an, was sie
vernommen,
Als Gottes Geist im Glauben sie
gegründet,
Als ihr Gemüth in heil’ger
Lieb’ entzündet,
Und daß ihr Sehen durch’s Gehör
gekommen;
Daß angenommen sie und nichts
genommen,
Wo sich der Lehre heil’ger
Urquell findet.
Die Zunge siegt, wo tief das
Herz empfindet,
An der Geschichte Geisteslicht
entglommen.
Will da beim Einklang aller
heil’gen Zeugen
Auf das einhell’ge Wort sein
Siegel drücken
Des Herren ew’ger Geist im
Menschengeiste,
Wenn klar zum Lichtquell man
hinauf kann steigen,
Wie durch Krystall, durch die
Jahrhundert’ blicken:
Wer ist’s, der da zu zweifeln
sich erdreiste?
Entweicht die Fluth aus Stroms
harmon’schem Gange,
Absondernd sich, landeinwärts
weit zu fliehn,
Bald Röhricht, Dorn und Schlamm
und Bins’ erschien,
Wo Fluth und Strom nicht mehr
in gleichem Range.
Trennt laub’ger Ast vom Stamm
sich, währt’s nicht lange,
Und statt der eignen Blätter
frischem Grün
waldranken ihn und feuchtes
Moos umziehn,
Wo Eidechs hauset, Kröte, Molch
und Schlange.
Der Sonnenstrahl, vom Quell des
Lichts getrennt,
Verschimmert schnell und mag
nicht länger weilen;
So in der Symphonie ein
Instrument,
Wenn fort harmonisch alle
Stimmen eilen,
Nur jenes eitel, eigne Bahnen
rennt:
Nicht Würde mag’s empfangen,
noch ertheilen.
Kränk nicht den Geist durch
ew’ges Eigendenken,
Als ob durch dich nur Alles
wohlgeriethe;
Wirf in den Schooß dich ew’ger
Vatergüte,
Begierig, ganz in sie dich zu
versenken.
Gott mag das Herz wie
Wasserbäche lenken;
Wenn hoch vom Himmel her sein
Funken sprühte,
Blitz, Licht und Hall
erschüttert dein Gemüthe,
Da wird es Tag, wird Lebenswort
dich tränken.
Aus Herzensgluth vom
Himmelsblitz erschüttert
Und ehrfurchtsbang bricht
heil’ger Strahl zu Tage.
Licht im Verstand und Kraft in
Wort und Willen
Schafft segnend Er: von
Lebensluft durchwittert
Fühlst du dich neu gesundet,
fern die Klage;
Und thau’ge Segenswolken dich
erfüllen.
Nicht schuf er Erd’ und Sonn’ und
Mond und Sphäre
Des Siebensterns in vager
Allgemeinheit.
Nach Zahl, Gewicht und Maaß in
Formenreinheit
Schuf er ein jeglich Ding zu
seiner Ehre.
Kraut, Pflanz’ und Thier in
unsrer Atmosphäre,
Form und Gesetz in zugespitzter
Feinheit
Zeigt es. Weg Allgemeinheit, Scheinheit, Seinheit!
Gemein sind allgemeine
Charaktere.
Die Abstraction fürwahr lügt
nur Geheimniß,
Die zum lebend’gen Gott uns
nimmer heimwies,
Ist Werk der Ohnmacht nur, der
Schwäch’ und Säumniß.
Drum ist das Lebenswort wie
alles Leben
Concret, anschaulich und
bestimmt gegeben,
Einzig, wie Er, in dem wir sind
und schweben.
Nicht zürn’ ich euch, die auf
verwachs’nem Pfad
In Dorn und Distel ewig sich
verwirren,
Die ewig blind von jenem Weg
abirren,
So Gott den Menschen
vorgezeichnet hat.
Den Weg verfehlend Anbeginns,
zu spat
Fast scheint’s und schwer, aus
jenem trocknen, dürren
Bezirk der Angst, wo
Nachtgevögel schwirren,
Auf’s Neu’ zu finden lichten
Pfad und Rath.
Doch Jenen zür’n ich, Wehe
ihnen kündend,
Die einmal ruhten an der Himmelsquelle
Und Kräfte sel’ger Ewigkeit
gekostet;
Wenn buhlerisch mit jenen sich
verbündend
Das Kleinod feil sie bieten an
der Stelle
Für Tändelei, die modert und
verrostet.
Nur schwarz auf weiß, gemein
erglänzt die Schrift,
Die irdischer Verstand und Sinn
erschaut
In der Natur, von Dämmerung
umgraut,
Eh’ noch der Geist die höh’re
Welt umschifft.
Doch golden zwischen jenen
Zeilen trifft
Des Geistes Aug’ und Ohr erst
Wort und Laut,
Die ihren Lieblingen allein
vertraut
Die Weisheit, so sie schrieb mit
heil’gem Stift.
Dreimal beglückt, wer durch die
Zeilen lesen
Mag ihr Geheimniß, ihrem Tage
nah’,
Verstehn das Ziel, den Einklang
aller Wesen,
Wie Eins für’s Andre, All’ für
Einen da,
Sein, Leben, Schmuck, Trank,
Speise sie genommen
Von ihm, aus dem, zu dem sie
Alle kommen.
Ein Saamenhändler ist’s; von
Land zu Land
Zieht er und ruft, nie müd’ am
Wanderstabe.
An seiner Hand ihm folgt ein
muntrer Knabe,
Den magisch er in seinen Kreis
gebannt.
Der zählt und nennt die Körner
alle, fand
Ein Käufer sich, und preist als
Himmelsgabe
Die Waar’; er folgt dem Greisen
treu zum Grabe:
Kein treu’rer Knecht des Herrn
ward ihm bekannt.
Drum wünscht des Gärtners
Saamen er Gedeihen,
en dieser spendet als die
schönste Habe;
Er zeigt und lehrt, was
Pflanzenpflege heißt,
Wird anders Segen das Gestirn
verleihen.
Nicht kümmert’s ihn, krächzt
auch des Neides Rabe,
Weil seines Herren Aar die
Sonn’ umreist.
Er, der verstummte, löst das
Wort; es sehen
Viel Blinde auf des Blinden
Wort; es rief
Des Todten Machtruf aus dem
Grabe tief
Die Todten; Lahme macht ein
Lahmer gehen.
Ein tiefer Schläfer läßt’s
dennoch geschehen,
Daß ab den Schlummer schüttelt,
welcher schlief;
Wer schlecht gezielt, wer stets
gerichtet schief,
Sieht günst’gen Wind den Pfeil
zum Ziele wehen.
Wer nichts gesucht, er fanf die
reichsten Schätze,
Und theilte Vielen aus das
schönste Loos;
Gebrochen macht er stark, ein
Kleiner groß
Die Kleinen, daß sein Blick
sich dran ergötze.
Viel Frucht gebar der
unfruchtbare Schooß,
Es schuf das Leid, das Leid
sich hoch erletze.
O Unvernunft, man macht die
Zweck’ zu Mitteln,
Und Mittel werden Zwecken
gleich fixirt!
Hat Wahnsinns Schwindel Alle
denn verführt,
Daß unablässig an dem Zweck sie
rütteln?
Wird alle Sache denn zu leeren
Titeln,
Ist Gott nur Gott, wiefern er
nützlich wird,
Religion, weil sie die Achsen
rührt
Der Staatsmaschin’, gut und
nicht abzuschütteln?
O eure Weisheit bleibt ein
leerer Titel,
Gilt nicht Gottseligkeit euch
einz’ges Ziel.
Leib, Leben, Staat und Wissenschaft
und Kunst
Sind Zwecke nicht; es sind nur
Weg’ und Mittel
Zu jenem Ziel; ein nichtig
leeres Spiel
Sind anders sie, ein leerer
Rauch und Dunst.
Den Blättern gleich, ein Spiel
den Herbsteswinden,
Die schnell ein Nachtfrost
salbte und verdorrte,
Gleich schnell verklungnem
Nachhall, sind die Worte
Des Menschen, die, ein
flücht’ger Hauch, verschwinden,
Wo einzig nicht das ew’ge Wort
sie künden,
So Allen ward des Eingangs
rechte Pforte,
So uns gesetzt zu unsrer
Hoffnung Horte,
Drin wahr und klar die Zungen
sich entzünden.
Es ist das Wesen; ew’ge Kraft
und Klarheit,
Der Weisheit Brunn und Urquell
jeder Tugend,
Selbst, die es spricht, die
wesentliche Wahrheit;
Aus ihm entquillet ew’ge
Geistesjugend.
Mit einem Male gibt sich dem
Gemüthe
Dies Wort, als Wahrheit und als
ew’ge Güte.
Wie oft erscheint als Lüg’ und
frevles Pochen,
Was eitler Menschen Witz mit
Zung’ und Hand
Von ihm erhebt, der groß und
unbekannt!
Wird jedes müß’ge Wort nicht
einst gerochen?
O daß das Wort, von Ewigkeit
gesprochen,
Durch das allein uns Gottes
Nam’ bekannt,
Ein Jeder nicht beglückt im
Innern fand:
Nie hätt’s dem innern Aug’ an
Licht gebrochen!
Falsch ist und Lästrung nur,
was wir verkünden,
Falls Kinder nicht im Sohn,
falls noch im Tod
Der finstern Eigenheit wir uns
befinden.
Aus unsern Thaten, gleich dem
Morgenroth,
Glänz’ heiliges Geheimniß
unsrer Liebe,
Stark, wie der Tod, durch
erdennacht und Trübe.
Die Liebe nur stürzt
Scheidewand und Riegel,
So uns vor Alters von dem
Element
Des ew’gen Heils, von unserm
Gott getrennt;
Dann wuchsen neu der Psyche
vor’ge Flügel.
Doch weh dem Mann, der ohne
Blutessiegel,
Das für uns floß, da er den
Herrn mißkennt,
Mit rohem Herzen sich
vergöttert nennt,
Sich, ungesühnt der ew’gen
Weisheit Spiegel.
Was ferne war, wohl ist es nah’
gekommen,
Die Decke fiel für, die der
Sohn befreit,
Vom Antlitz, das wir unverhüllt
nun schauen.
Doch wer auf eigne Hand den Weg
genommen
Zur Hochzeitsfei’r des Lamms, o
nimmer freut
Er sich der That; jäh faßt ihn
Todesgrauen.
Nicht wolle scheiden, was da
Gott geeinet,
Noch mengen frevelnd, welches
Gott getrennt;
Zwiefach das Wort Geschöpf und
Schöpfer nennt,
Und weh dem Geist, der anders
wähnt und meinet!
Und zwiefach im Geschöpflichen
erscheinet,
Wie der Natur der Freiheit
Element
Geeint im Menschen: in’s
Verderben rennt,
Wer mischt, was scharf der
Horus hat umzäunet.
Drei sind hienieden, einig in
der Form,
Doch nicht im Wesen: Mensch,
Natur und Geist,
Durch Jesu Lieb’ der Gottheit
engverbündet,
In ein’gem Wesen glänzt des
Urbilds Norm,
Drin das Geschöpf den
Hochdreifalt’gen preist,
In ew’ger Lieb zu sich und uns
entzündet.
Daß Ich ein Ich, erscheint mir
ganz gewöhnlich,
Denn von den Seelen allen ist’s
jedwede;
Ach! ohne Du ist’s Ich nicht werth
der Rede,
Nicht liebgeeint im Geiste,
kaum persönlich.
Persönlich wahrhaft ist nur,
was versöhnlich
Im Sohn und Sühner; grimmig
kalt und schnöde
Liegt einer wider ihn in ew’ger
Fehde,
Der, ob Person, doch fern ihm
wünscht sich sehnlich.
Ja, was ein Antlitz auglos,
eine Erde,
Die sonnberaubt, ein Ohr,
worein nichts schallet,
Was eine Nacht, drin nie ein
Aufgang taget;
Ein Nichts, dem nie erscholl
ein Schöpferwerde,
Ist’s Ich, drein Gottes Wort
nicht strahlt und hallet,
Ein starrer Fels, der in die Urnacht
raget.
Gleich einem Hegel, stets von
Ja und Nein
Gezerrt, geschleift, siehst du
den Geist der Erden,
Ein ängstlich Hasten, Werden
und Verwerden,
Freud-, friede-los, ein Sein
und doch kein Sein.
Kein Aufgang aus der Höh’, kein
Himmelsschein
Heitert zur Lust die Schmerz-
und Angst-Geberden;
Sie sucht sich selbst voll
Arbeit und Beschwerden,
Ihr Icht’s und Nichts ist ihre
ew’ge Pein.
Tritt auf, o Mensch, Erlöser
der Natur,
Der sie in Banden schlug, o laß
auf’s Neu
Die heilige Idea wieder leuchten
In Geist und Wort und That. Die
Dreie nur
In Eins erlösen sie und machen
frei
Die Sklävin, deren Dränger sie
verscheuchten.
Luft, Wasser, Bergkrystalle,
Pflanz’ und Thier,
Fünf Stufen, wo Natur empor
sich ringt
Im Lebenszwist; erst auf der
höchsten bringt
Der Menschengeist zum Theil die
Ruhe ihr.
Ja und mit ihm schon nah’ der
Himmelsthür,
Verklärt im Septenare, selig
schwingt
Hienieden schon sie oft sich
auf und singt
Der Freiheit Lied im ew’gen
Lichtrevier.
Du, der ihr hart den Witwenschleier
bot,
O Mensch, verhöhne nicht das
Leid, die Thränen,
Womit sie Tag und Nacht ihr
Loos beklagt;
Durch Himmelsbalsam lindre ihre
Noth,
In Hoffnung wandle sich ihr
herbes Sehnen,
Wenn Himmelslicht hinzuckt
durch ihre Nacht.
Ja, eine Blüthenknospe, voll
und reich,
Ist diese stumme, dunkle
Muttererde;
Noch ringt sie mit unendlicher
Beschwerde,
Noch nicht genes’t sie solcher
Frucht sogleich.
Noch schwankt sie in dem blauen
Aetherreich,
Still hoffend und mit
ängstlicher Geberde
An unsichtbarem Stiel, ob noch
das „Werde“
Des Morgenstrahls sie weck’ am
Frühlingszweig.
O Sonntag hehr, wenn ew’gem
Frühroths Strahl,
Der jetzt schon dämmernd um ihr
Leben waltet,
Nun dieser Knospe grünen Schluß
zerspaltet;
Die Millionen Blätter allzumal
Aufblühn mit Duft und Glanz und
Klang im Thal,
Zur ew’gen, heil’gen
Himmelsros’ entfaltet.
All’ meine Brüder, die dein
dunkler Schooß,
O Muttererd’, umschließt, die
zu verwesen
In dir bestimmt, sie werden
einst genesen,
Wie Reb’ und Aehr’ im Lenz, zum
frohen Loos.
All’, deine armen Kinder, klein
und groß,
Die hegend du zu nähren
auserlesen,
Du gibst sie einst, sie werden
dich erlösen,
Wie du mit ihnen litt’st,
schwach, krank und bloß.
Gefangen waren sie, du warst
gefangen
Und harrtest seufzend, schmachtend
und voll Sehnen
Der Gottesdiener lichter
Offenbarung.
So wird, wie sie, auch Freude
dich umfangen
Und Freiheitsglück, dir
dargebracht von Jenen,
So du ertheilst Grab, Mitleid
und Bewahrung.
Was ist und lebt, hat Gottes
Geist geweiht,
Es lebt in ihm, ist ewig
vorgesehen;
Drum ist’s und lebt und kann
nicht untergehen,
Und ist sein Sterben nur ein
Schein der Zeit.
Verschwindet’s hier, glänzt’s
neu in Ewigkeit
Vor ihm, dem Einmalsehen
Immersehen;
Mit Blüth’ und Frucht nur hat’s
zu sel’gen Höhen
Sich aufgemacht aus Streit und
Niedrigkeit.
Doch wie’s hienieden schaltend
mochte walten
Mit ihm gebotner Kraft und
Lebenssäften,
Gebannt in nächt’gen Tiefen der
Verwesung,
Wird’s, seiner Lichtidee sich
zu gestalten,
Erheben sich zu seinen ersten Kräften,
So wie sein Tod ist seine
Lichterlösung.
Des Feuers Kampf, der Elemente
Wüthen,
Des Lebens Pyramid’ und
Wunderbaum,
Voll Glanz und Duft, voll
Frucht und süßer Blüthen,
Entsprießend an Vulkanes
nächt’gen Saum;
Natur, Geschichte, Freund, die
Sinne bieten
Dir nur des Aeußern wunderbaren
Traum,
Deß innern Sinn und Deutung nie
verriethen
Menschliche Worte, die nur
nicht’ger Schaum.
Das Wort allein, in heil’ger
Schrift gesprochen
Und sprechend noch und
schreibend, wie zuvor
In Menschensinn und Herz, thut
auf das Thor.
Nie hat die Schaale
Menschenwitz durchbrochen,
Sein Licht nur löst den
räthselhaften Traum.
O Grübelgeist, gib diesem
Lichte Raum!
In unserm Busen wohnt ein
heilig Sehnen;
Natur erregt’s, doch kann sie’s
nicht befrieden,
Suchst du bei ihr vom
Lichtgestirn geschieden,
Wohl kostet dich’s nur doppelt
Qual und Thränen.
Den Weg zum Abgrund einzig
zeigt sie denen,
Die Gottes Hand nicht innen
hält in Frieden,
Die Ruhe hoffen außer ihm
hienieden,
Des Staubesknecht’ in ewig
bangem Wähnen.
Flieg’ auf zu Gott, willst du
die Welt besitzen,
Verloren sie und dich, findest
du neu
In Ihm sie wieder dir zu Wonn’
und Heil.
Alles in ihr soll nur als Weg
dir nützen,
Wiss’, daß sie nur, um zu
bedeuten, sei;
Nicht todte Schrift, der Sinn,
er sei dein Theil.
Gebrauchen dankbar wir der
ird’schen Gaben,
Im Aug’ die ew’gen, göttlich
rein gesinnt;
Durch Gottes Wort gesegnet,
erst gewinnt,
Wer sie genießt, die Macht,
sich dran zu laben.
Der Sperlinge ernähret, der dem
Raben
Sein Futter gibt; sie, die
nicht näht noch spinnt,
Die Lilie, kleidet, wird das
Menschenkind
Vom Vater Gleiches nicht zu
hoffen haben?
Und ist es da, was Leib und
Seel’ erquicket,
Er schuf’s für uns, was äußerm
Sinn gefällt,
Wie was der innre Mensch nur
mag erfahren.
„Nicht“ rief, der einst zum
Vater aufgeblicket,
„Fleh’ ich, daß du sie nehmest
aus der Welt,
Nur wollest rein sie von der
Welt bewahren.“
Nur was da schimmert, überzeugt
die Welt,
Und willst du sie gewinnen,
mußt du schimmern;
Doch, soll ein Hauch nicht
schnell dein Werk zertrümmern,
Sorg’, daß Gehalt der Form die
Waage hält.
Wo Alles rennt zum Scheine, der
gefällt,
Mußt du der Wahrheit Haus
gefällig zimmern:
Doch wird Erfolg die Absicht
dir verkümmern,
Bleibt heil’ger Ernst nicht
deines Schaffens Held.
Und wirst du nicht dem
Liebesgeiste lauschen,
In tiefer Brus des Geistes
leisem Wehen:
Wirst du nur Wörter kaufen
stets und tauschen.
Er wandelt sanft im Säuseln,
nicht im Rauschen;
Willst, was er beut, du
seelenlos verschmähen,
Wird seelenlos dein Werk stets
vor dir stehen.
Ich sah hinaus; ach, eitlen,
nicht’gen Schein beut
Die welt nur rings bei Kleinen,
wie bei Großen,
In nicht’gem Leid und Freude,
wie zerflossen
Hintaumelnd, Alles Rohheit und Gemeinheit!
Für Seelenwürd’ und höh’re
Geistesfeinheit
Die Bessern selbst hermetisch
fest verschlossen.
Weisheit ist Tand und Poesie
sind Possen,
Verschwunden jedes tücht’gen
Strebens Reinheit.
Und jeder Strahl von oben gilt
als Störer
Der schlimmen Wirthschaft in
der Thoren Lande,
Die grau und lau nicht frieren
noch erglühen.
Bleib’, Seele, des Mysteriums
Verehrer,
Auf einsamer Oas’, und laß im
Sande
Kameel und Esel ruhig weiter
ziehen!
O wohl, ich fühl’s, die zürnten
nur und lachten
Ob Menschenthorheit und
verkehrtem Treiben,
Nur wenig half ihr Scherzen,
Schreien, Schreiben,
Und wenig Heil sie ihren
Brüdern brachten.
Ja, „werde groß, die Menschen
zu verachten,
Werd’ größer, sie zu lieben“:
ruhig bleiben
Und aus geborgnem Sitz sie nur
betäuben,
Sei jener Theil, die leichte
Müh’ sich machten.
Göttlicher ist’s, ein
liebevoller Störer
Mit Himmelsweisheit in der
Thoren Lande
Zu treten, wo nicht
Himmelsblumen blühn,
Zu werben neu des Himmlischen
Verehrer
Und selbstvergessen durch der
Wüste Sande
Mit Eseln und Kameelen tröstend
ziehn.
Gern ließ ich Alles gehen, wie
es geht;
Leicht ist’s, wenn in der Stadt
sich Haufen treiben
Mit Lärm und Droh’n, zu Haufe
ruhig bleiben,
Nicht nach dem Lärm mir Herz
und Seele steht.
Doch von der Stirne weicht die
Majestät
Der Menschlichkeit, will ich,
mich nicht zu reiben,
Um meine Ruh’ bemüht allein,
beschreiben
Still im Gemach wie draußen
Sturmwind weht.
Ich bin ein Mensch, der
Menschen Freund’ und Leid,
Sünd’ und Verbrechen, Heil und
Wohlfahrt sind
Mein Antheil; ich bin einer nur
aus ihnen.
Drum zürnt mir nicht, wenn oft
auch mich die Zeit
In ihren Strudel zieht: Nie
werd’, ihr Kind,
Ich ihr, nur Gott und seiner
Menschheit dienen.
Was zu erstreben lohnt noch
wohl die Mühen?
Alt ward das Leben, Zank und
Hader beut
Die Wissenschaft im eklen,
eitlen Streit,
Heim zum Olymp sah man die
Musen fliehen.
Mit Narren sieht die Poesie man
ziehen
Durch Stadt und Land der edlen
Christenheit;
Philosophie erscheint wie
ungescheidt,
Seit nicht’gem Zank sie Ohr und
Wort geliehen.
Nur Eines ist, dem stets es
noch verlohnt,
Froh hinzuopfern Seele, Gut und
Leben,
Das Siegern Myrthen reich und
Lorbern beut;
Religion des Kreuzes, herrlich
thront
Und ungeschwächt noch deine
Macht! Mein Streben
Und all’ mein Mühn sei einzig
dir geweiht.
In Baumeskron’, wo Himmelsvögel
nisten,
Surrt giftiger Insecten wilder
Schwarm,
Ein heilloses Geschmeiß, daß
Gott erbarm’,
Und schmaust und nagt
verheerend dort nach Lüsten.
Es zog heran aus brennend heißen
Wüsten
Auf Samums Fitt’chen, giftig
schwül und warm,
Mit rastlos regem Zahn und
gier’gem Darm;
Nackt steht der Hain, wo ihre
Lust sie büßten.
Ein kahl Gerippe, blattlos,
blüthenleer,
Starrt kläglich dürr der Ast in
Himmelsbläue
Und seufzt ob dem Triumph, der
ihn umdränget.
Wo blieb eu’r flinkes,
schnabelfestes Heer,
Ihr Himmelsvögel, das die
Schaar bedräue?
Bringt Pulver her, das sie
betäubt und senget.
Ach, unsers Volkes Tugenden,
sie flohen,
Des Lebens Reiz und Anmuth sind
dahin!
Wo blieb der weise, kräftig
inn’re Sinn
Der Männer, unsres Vaterlands
Heroen?
Und Todesschlünd’ und Wetter es
umdrohen.
Schwach und verkehrt, was
bringt uns noch Gewinn?
O nur ein Ausweg ist uns noch
verliehn;
Heran auf ihn, ihr Muth’gen,
Hoffnungsfrohen!
Ein Kleinod nur ist in dem
grausen, trüben
Gewirr der Zeit noch unverletzt
geblieben;
In Majestät unsichtbar auf dem
Thron
Herrscht ewig jung noch die
religion:
dran hängt eu’r ganzes Hoffen,
Streben, Lieben,
Sie einzig noch zollt großer
Mühe Lohn.
Hat je die Jungfrau ihres
Schmucks vergessen,
Des goldnen Purpurgürtels je
die Braut?
Und wir, ein Volk, dem Herren
angetraut,
Verloren unsern Schmuck bei
Grabcypressen.
Doch neu uns bietend, was wir
einst besessen,
Hat nochmals mild der Herr auf uns
geschaut,
Zur Hochzeit ladend, dringend,
sanft und laut;
Wir aber schwanken zögernd und
vermessen.
Und doch, wir fühlen’s, Gottes
Wohlgefallen
Weilt nicht bei uns, seitdem
wir fallen ließen
Der Weisheit Gurt und der
Gerechtigkeit,
Die uns geschmückt. Auf, eh’ die heil’gen Hallen
Des Hochzeitssaals sich uns für
immer schließen!
Gefleht, gesucht, noch sind wir
in der Zeit!
Ich sah ein Bild, bedeckt von
Schmach und Blut,
Auf Golgatha den Heil’gen ich
erblickte,
Der für mich starb. Ein heil’ger Blitz durchzückte
Mein Innerstes: ich sah das
höchste Gut.
Da schwand, worauf sonst gern
das Auge ruht,
Die Urzeit, die mit Wonn’ und
Lust geschmückte;
Ja, selbst der fernen Zukunft
Tag entrückte
Mir der moment der höchsten
Liebesgluth.
Tod überfiel die Zeit; der
Raum, mein Leben
Sank tief hinab; doch schien
ein ew’ger Tag
Herein zu leuchten hoch in
meine Trübe
Und Todesnacht. Neu schien sich zu erheben
Die Erd’ und jung zu sprießen
allgemach,
Und ich verstand die ew’ge,
heil’ge Liebe.
Der Schöpfung Herr, der Geister
und der Seelen,
O Seel’, ist nah’, nah’ ist das
ew’ge Wort,
In dir, um dich, ob dir, an
jedem Ort
Im Meer des Seins, o woll’ es
nicht verhehlen!
Und willst des Wortes Wunder du
erzählen,
Das Alles schuf, das unser Licht
und Hort,
Verbanne schnell den
Leichtsinn, scheuche fort,
Was eitel, streng das rechte
Wort zu wählen.
O sein Gedank’ ist’s, was du
kannst und nennst,
Was siehst und greifst, was
dich zu Thränen rührt,
Gesehen ward’s in ihm von
Ewigkeit!
Durch Ihn ist’s dein, und wo du
ihn bekennst
Mit Sehnsucht, Lieb’ und
Inbrunst, o so wird
Zu Himmelswonn’ es dir schon in
der Zeit!
Und wird die Welt mir eine
Wüstenei,
Wenn spät uralte Pfeiler
krachend schwanken,
Zur Rechten mir, zur Linken
tausend sanken,
Der schier betäubt vom Lärmen
und Geschrei.
Bin ich dir treu, so bleib’ ich
mir getreu:
Bleib’ ich bei dir mit Willen
und Gedanken,
So werd’ im Wirrwarr nimmerdar
ich wanken;
Wohl weiß ich, daß hier Kampf,
nicht Friede sei.
Das Leben bleibt ein Traum, die
Wirklichkeit
Des lichten festen Tags dringt
nur in Strahlen
Von Zeit zu Zeit gebrochen in
die Nacht.
Vergebens strebt das Bild der
Ewigkeit
Der Geist hier fest zu halten;
Bilden, Malen
Und Liedes Trost sind keine
Schöpfungsmacht.
Oft wenn ich einsam weile in
Gedanken,
Sei es bei mir, ob unter lauter
Schaar,
Verschwind’ ich mir; dann werd’
ich mich gewahr,
Und sieh’, es stürzen jäh
gewisse Schranken.
Willst du es dir, willst
höh’rem Geist du’s danken,
Daß unterdeß dir Dies und Jenes
klar,
Daß dir, o Seele, wie’s vorhin
nicht war,
Nun friedlich, froh und leicht,
dem Herzenskranken?
Wohl in Gedanken warst du, doch
in deinen?
warst du vielleicht bei jenem
Urgedanken,
Deß sanftes Licht des Denkens
Ursprung ist,
So wie des Seins? Und ward im Wiederscheinen
Von seinem Liebesblick dem
trüben Kranken
So Licht, als Trost umsonst, in
jener Frist?
O unermeßner Grund, Geheimniß
klar
Und nächtig dunkel, der stets
überfließet,
Darein die heil’ge Ursach’ sich
ergießet,
Und sich beschaut in Strahlen
wunderbar;
Der dunklem Thale ew’gen Tag
erschließet,
Sich und der Ursach’ leuchtend
licht und wahr,
Deß Antlitz hold und aller
Flecken bar
In Abgrundstiefen heil’ge
Strahlen schießet;
Wer bist du, der von ew’gen
Felsenhöhn
In tausend goldne Becken segnend
fleußt,
In jedem überfließend schnell
sich wendet
Hinab zu Blumenthälern, warm
und schön,
Ysop und Palm’ und Lilie blühen
heißt,
Dem Moos der Kluft selbst seinen
Himmel spendet?
Oft dünkt für kurz dies dunkle
enge Sein
Mir voll von ew’ger Schönheit
Liebesstrahlen;
Licht, leicht in mir, scheint
rings in allen Thalen,
Auf allen Höhn sich Freudentanz
zu reihn.
Auf Allem ruht ein sanfter
Widerschein
Von ew’gen Wonnen;
Schönheitslinien malen
Ein jed’ Geschöpf, nach
unbekannten Zahlen
Klingt mir die Welt in
Himmelsmelodei’n.
Mit leisem, tiefem, süßem
Donnerton
Scheint ew’ger Liebe
Friedenswort hernieder
In’s tiefste Herz, mich freudig
zu erschüttern.
Trau’ nicht, o Seel’, es übt
mit bittrem Hohn
Die Zeit ihr Recht; schnell kehrt
der Nachtsturm wieder,
Und Gott verbirgt sich dir in
Ungewittern.
Tönt mir dein Wort, so fällt
ein Strahl des Lichts
In des Gefangnen dunkle
Kerkerkammer,
Erst dann erkenn’ ich Fußblock,
Kett’ und Klammer
Und Schellenring, so ganz mein ödes
Nichts.
Bei einem Blicke deines
Angesichts,
Der liebend fragt, ertönt ein
Glockenhammer
Des Weltgerichts; und sieh’, du
stillst den Jammer
Und wendest sanft die Waage des
Gerichts.
Ein warmer Lebenshauch von
deinem Munde,
Und silbern glänzt die sympathet’sche
Schrift
In meinem Herzen, rings in der
Natur;
Der Urschrift Züg’ in mir, wie
in der Runde,
Wie Frühlingsschimmer hell mein
Auge trifft,
Und hier wie dort glänzt deiner
Weisheit Spur.
Und kann vor ihm in seiner
Weisheit Fülle,
Die mich verwirrt, ich keine
Worte finden,
Wo übermannt mir Geist und Rede
schwinden,
Bleibt mir, geblendet, doch des
Preises Wille.
Ja, jubelnd kann schon in des
Staubes Hülle
Befreit mein Geist den Gliedern
sich entwinden,
Sich über sich zur Fackelgluth
entzünden
Zu seinem Preis anbetend,
feiernd, stille.
Er spricht sein Wort in
Ewigkeit und spricht
In diesem einz’gen Wort das All
der Wesen,
Und läßt sie endlos Licht und
Liebe tauschen.
Er spricht auch meinen Geist,
dem, Licht von Licht
Ein Spiegel rein und Herd zu
sein erlesen:
Ihm ist’s genug, dem ew’gen
Wort zu lauschen.
Liebst Bäume du, die Zuflucht
dir verstatten
Vor Guß und Gluth, der Melodie
des Lebens,
Der blätterreiche Zweige, froh
des Webens
Der Weste auch in ihrer Häupter
Schatten,
O such’ vor Allem treulich ohn’
Ermatten
Die Weisheit auf, so strebst du
nicht vergebens;
Sein, die sie liebte, ist das
Holz des Lebens,
Sie wird dir reichlich alle
Müh’ erstatten.
Erfüllen wird sie dich mit
ihren Gaben,
Und wie du hast, wirst reicher
du empfangen,
Sie fügt, was gut und heilsam
ist, zum Schönen;
In Sommermittagsgluth wird sie
dich laben,
An ihrem wird beglückt dein
Auge hangen,
In kalter Winternacht stillt
sie dein Sehnen.
Sieh’ her! Erfüllung war dein
erster Stand,
Du fielst aus erster Licht- und
Liebes-Fülle.
Gott war dein Licht und sein
Gesetz dein Wille,
Dir blieb nun des Gesetzes
äußres Band,
Bis er auf’s Neu’ dein
Schöpfer, blutsverwandt,
Vor dir erschien, in heil’ger
Menschheit Hülle,
Daß er statt deiner das Gesetz
erfülle,
Dir sterbend böt’ der Hoffnung
Unterpfand.
Erlösung ward dir aus der
Knechtschaft Joch,
Rechtfertigung aus seinem Tod
geboren,
Er ließ sich dir, dich göttlich
zu beleben.
Hinauf nun folgst du ihm; doch
Höh’res noch
Steht dir bevor, mehr als du je
verloren,
Verklärt, ihm gleich, entgegen
ihm zu schweben.
Wir konnten fallen, doch uns zu
erheben
Zur ersten Höhe in der Weisheit
Tag
Und heil’gen Liebe waren wir zu
schwach;
Er, deß die Kraft, nur konnt’
uns dieses geben.
Nur Er, der Weg, die Wahrheit
und das Leben,
Deß ew’gen Herz bei unserm
Anblick brach;
Er stieg herab aus bittrer
Todesschmach
Verklärt, verklärend mit uns
aufzuschweben.
Sein ist’s, herab- und wieder
aufzusteigen,
Sein Leben lassend, es zu
nehmen wieder,
Wie’s ihm gefällt, erhebend uns
vom Falle;
Doch unser ist’s, uns dankbar
ihm zu neigen,
Anbetend, tiefgesenkt zur Erde
nieder,
Still jubelnd, daß er liebend
starb für Alle.
O Seele, hast du Trost in
Traurigkeit,
Hebt höh’re Hoffnung dich an
frohen Tagen,
Mag leicht dein Herz in schönen
Stunden schlagen,
Ward licht dein Geist vom
Strahl der Ewigkeit:
Wem dankst du es? Inmitten
dieser Zeit
Auf Golgatha ward ein Gefäß
zerschlagen,
Sein heil’ger Friedensbalsam
ward getragen
Zu aller Zeit in alle Lande
weit.
Der nahm dem Tod den Stachel,
reinigt klar
Von Sündenqualm die
Erdenatmosphäre,
Läßt frei das Herz in
Liebespulsen klopfen,
Zeigt unserm Blick, was sein
wird, ist und war,
Verklärt so Leid als Freud’ zu
Gottesehre,
Ihm weihe dankbar sel’ge Thränentropfen.
Kennst du den Stern, das
königliche Zeichen,
In unsre Nacht gesenkt, auf daß
es bahne
Den Weg zum ew’gen Heil, mild,
ernst uns mahne
Hinan den Port der Heimath zu
erreichen?
Kennst das Panier du, ob der
erde Reichen
Hoch aufgepflanzt, die heil’ge
Purpurfahne,
Dem Kriegerjüngling, wie dem
Veterane,
Schild, Schmuck und Wehr und
waffe sonder Gleichen?
Es trägt die Welt, scheint sie
es gleich zu tragen,
Ist Hoffnung, Heil und Schirm
unzähl’gen Schaaren
Im Thränenthal der Heiligen und
Frommen.
Von tausend Engelschaaren hoch
getragen
Wird eines Tags in Glorie es
kommen,
Hoch aus den Wolken richtend
niederfahren.
Du sehnest dich nach ew’ger
Schönheit Schimmer?
O werd’ im Glanz der Gottheit
denn gewahr
Ihn, der bei Gott und Gott im Anfang
war,
Und dessen Thron der Herrschaft
wanket nimmer!
Schön ist er dort, schön hier
auch im Gewimmer
Als Kindlein in der Kripp’,
schön immerdar
In klarer Gottheit Glanz, die
ihn gebar,
Im Schooß der Jungfrau schön
und leuchtend immer.
Als Kind, als Jüngling schön;
als Wunderthäter,
Als ausgestoßen, wie ein
Samariter,
Auf Golgatha, so wie auf Tabors
Höhn;
Im Leben, wie im Tod, als ein
Geschmähter,
Wie im Triumph, als Diener, als
Gebieter:
Denn die Gerechtigkeit ist
immer schön.
Heil! unser ist des Feldes
heil’ge Blume,
Die hohe, weiße Lilie der
Altäre,
Das Brod des Lebens; über Land
und Meere
Erschallt Gesang zu des
Dreiein’gen Ruhme.
Wir beten an den Herrn im
Heiligthume,
Im Geist und in der wahrheit;
Wein und Aehre
Verwandelt ew’ge Lieb’, auf daß
sie nähre
Uns mit sich selbst, als unserm
Eigenthume.
Das Brod des Lebens ist
herabgestiegen,
Geretteten Verlornen sich zu
bieten
In Engelspeise sel’ger
Ewigkeit.
Durch Himmelswonnen unser Weh
besiegen
Will hier der Herr, und wandelt
Krieg in Frieden
Und haucht hinweg sanft
Zweifel, Angst und Streit.
O du, bei dem der Quell des
Lichtes fließt,
Selbst ew’ges Licht, der über
Thronen weilt,
Deß Auge blitzend, wo der
Abgrund heult,
In ew’ge Tiefen schaut, im
Innern liest;
Der du die Huld und das
erbarmen bist
Für Alles, was vertrauend zu
dir eilt:
Sei neben Licht auch Liebe mir
ertheilt,
Nichts gabst du, wo du Liebe
nicht verliehst!
Du blickst und alle Wesen sind
und leuchten,
Aus dem Geheimniß tritt in
Sichtbarkeit
Das All hervor, dein hehrer
Wiederblick.
Du liebst und, siehe, tausend
Herzen zeigten
Sich liebentflammt in
Götterwonn’ erneut
Und strahlen froh dein Lieben
dir zurück.
Was ist’s, wohin, von Sehnsucht
süß durchbebt,
So Herz als Augen der Lebend’gen
schauen,
Wohin im Perlenthau auf
Frühlingsauen
Der Blumenschaar die
Blüthenkelche hebt?
Was ist’s, das tief des
Erdballs Wucht belebt,
Mit leichtem Schwung
alljährlich sonder Grauen
Die mächt’ge Bahn zu wandeln
voll Vertrauen,
Die sie voll Anmuth engelgleich
durchschwebt?
Was ist’s, worum die
Sternenbahnen kreisen,
Milchstraßen ziehn in heil’gen
Sabbathreisen,
Wie in Anbetung schimmernd,
Heil’gen gleich?
Das ew’ge Lichtwort ist’s;
Herz, laß dich weisen
Von seiner Huld, o laß nicht ab
zu preisen
Die heil’ge Macht, du Kind in
ihrem Reich.
Im Wort des Lebens glänzt ein
einig Wort,
Es glänzt und herrscht im
Himmel und auf Erden,
Die es erschuf mit freundlichen
Geberden,
Ist aller Schöpfung Ziel und
fester Hort.
Tief dir im Innern leuchtet’s
fort und fort
Und klopfet an leis, um gehört
zu werden;
Sanft tröstet es in Kummer und
Beschwerden
Und schreibt und spricht am
dunkeln, heil’gen Ort.
Du merk’ auf ihn, und horch
ihm, der uns liebt
Mehr, als wir allgesammt ihn
lieben können,
Wir, deren Herz in seiner Lieb’
erst wach.
Natur ist Nacht, ihr
Sternenlicht getrübt,
Das Menschenherz, wir dürfen’s
Dämmrung nennen,
Im Wort ist Tag, ein ew’ger
Sonnentag.
O Wort des Herrn, bis wir
entfesselt werden,
Zu süßem Trost und Stärkung uns
beschieden,
Durch deine Zweige säuselt
Himmelsfrieden,
Glänzt Herrlichkeit mit ew’gem
Lichtgeberden!
Du Quell der Wonne, Paradies
auf Erden,
Oas’ und Zufluchtsstätt’ dem
Wandermüden;
Aus Lebenswirren, heiß und
schwül hienieden,
Trag’ uns empor, uns kühlend nach
Beschwerden!
Stumm bleibst du dem, und
düster, kalt und rauh,
Den nicht der Geist, der dich
gegeben, lehrte,
Daß er von unten sich nach oben
kehrte,
Von äußrem Sehn zu innrer
sel’ger Schau.
O werde uns zur Himmelsblumenau
Durch Gottesgeist, der dich in
uns begehrte.
Das Blatt, so ich beschrieb,
ist leer geblieben,
Half nicht das Wort auf lichte
Geistesspur,
Das Berg und Thal und ewigen
Azur
Geheimnißvoll mit Gottesschrift
beschrieben.
Lebend’ge Worte leiht das Wort
den Lieben
Und Treuen sein, flehn mit
Vertraun sie nur
Um Licht: im Spiegel ewiger
Natur
Lehrt innern Auges Geistesblick
es üben.
Der Allmacht, Weisheit und der
ew’gen Güte
Verschloss’nes Buch sind dieser
Schöpfung Räume,
Ist unser Herz, eh’ sie sein
Geist entsiegelt.
Doch tagt der hell, gleicht
Heideblümchensblüthe
Im Frühthau mir das Blatt mit
Zeil’ und Reime,
In dessen Tröpflein ew’ge Sonne
spiegelt.
Sie Alle sagen’s dir, frag’
alle Weisen:
Gold liegt im Schlunde der
Vergangenheit,
Gold bringt der heil’gen Zukunft
schönre Zeit,
Doch zwischen-in die Gegenwart
ist Eisen.
Drum willst des Lebens Genius
du preisen,
Such’ aus dem Chaos erst, was
er geweiht;
Heb’ auf das Gold, den Frieden
aus dem Streit,
Um nicht die Larve Angesicht zu
heißen.
Denn das Vergehn in der
Vergänglichkeit
Ist Werk der Ohnmacht; nur
Bestand bezeichnet
Im Unbestand der Götter heil’ge
Werke.
Der Schöpfer schafft nur für
die Ewigkeit,
Und was er sich als reine
Schöpfung eignet,
Trägt das Gepräg’ der Weisheit
und der Stärke.
Nach Schönheit dürstet dich?
Kein aüßres Bild,
Wie schön es sei, kann dir die
Schönheit zeigen.
Lebend’ger Geist ist Schönheit,
welcher eigen
Nicht uns, der nur vom Thron
des Ew’gen quillt.
Blick auf, das All mit seiner
Glorie füllt
Der Herr, bet’ an mit ehrfurchtsvollem
Schweigen:
So aus dem Ocean die Strahlen
steigen
Von heil’ger Aufgangssonne
Flammenschild.
Lebend’ger Geist ist
Liebegeist, der weht
Nur Aug’ in Auge, zwischen Herz
und Herzen,
Wo selig ew’ges Licht und Leben
springt.
Das ist im All der Schönheit
Majestät:
Rings um ein Herz aufflammen
tausend Herzen,
Die es mit seiner Gottheit
Kraft durchdringt.
Kennt ihr das Lied aus heil’ger
Himmelspforte,
Das hohe Lied, deß heil’ge
Melodie
Der Erde Weh bezwingt, deß
Zauber nie
Verstummen wird im heiligen
Accorde?
Sein Nachklang weht zu mir am
wüsten Orte
Im Windeshauch; dort sammelt
spät und früh
Die süßen Laute meine
Phantasie,
Sie reden all’ vom
menschgewordnen Worte;
Vom Worte, das mit
Friedenszaubertönen
Im Urbeginn des Chaos Streit bezwang,
Daß diese schöne Welt an’s
Licht sich rang;
das in der Zeitenmitte zu den
Söhnen
Der Menschen sich als Mensch in
Liebessehnen
Gewandt mit mächt’ger
Friedensworte Klang.
Komm, heil’ge Dichtkunst, Glanz
vom ew’gen Licht,
Du kraft aus Gott, die Pfade
neu zu hellen,
Weck’ auf den Dichtergeist, den
feurig schnellen,
Das Opfer bring’ er, das der
Welt gebricht.
Aegypten dieser Welt behalte
nicht
Den Raub vom Volk des Herrn,
den silberhellen
Schmuck des Geräths; auf, ihn
zurückzustellen
Vor ewiger Idea Angesicht!
Es hält die Welt das Eigenthum
des Herrn
Und seines Volks im
Götzendienst gefangen,
Mißbraucht das Gut zur
Ungerechtigkeit.
Auf, in die Wüst’! es winkt
Jehovah’s Stern,
Neu opfernd uns, ihm ewig
anzuhangen,
Reich macht das Gut, so ihm auf’s
Neu’ geweiht.